Keine Fussspuren zurücklassend

 

Keine Fussspuren zurücklassend


Vor langer Zeit eurer Zeitrechnung nach nämlich zur Zeit des wie man es bezeichnet, Vierzehnten eurer Jahrhunderte gab es einmal ein kleines Dorf ausserhalb einer, Stadt, die beachtliche Mauern hatte. Innerhalb dieser Stadt war die, Schatzkammer der Welt. Und reger Handel ging von dieser wundersamen Stadt aus und kam zu ihr herein.

Und nahe am Hafen lagen, wundervolle Schiffe, die aus all jenen Teilen der Welt kamen, die zu jener Zeit bekannt waren. Und ihre grossen Segel, die in den Hafen hineinglitten, glichen der Farbenpracht von hell leuchtenden Blumen auf einem Teich. Und in der, Schwere des Sommers, pflegten sie hereinzusegeln, und der Wind, der die Segel aufblähte, pflegte die, Düfte ihrer höchst kostbaren Fracht herbeizutragen. Und der Wind pflegte ihre Gerüche herbeizuwehen, Gerüche, von Kardamom, Zimt, Gewürzen, Myrrhe, Weihrauch, Kräutern, Paprika und in der Tat sogar von Granatäpfeln. Und der Wind pflegte derart erfüllt von den Düften zu sein, dass sie für die Nasen den Einheimischen höchst verlockend waren. Und jener grandiose Wind mit seiner kostbaren Fracht dufterfüllter Luft, er pflegte durch jene sogenannten Stadttore und durch die Strassen zu wehen. Und was vorher nach Dung und Urin und altem Käse und schlechtem Wein und Knoblauch und Bratereien roch, und die Gerüche von Tieren und ungewaschenen Körpern, bis hin zu den Gerüchen von frisch gefärbtem Leinen, das dort zum Trocknen hing, und hin zu der Brillanz der seidenen Baldachine über dem Marktplatz ... aah, in der Tat, der Wind brachte eine Frische von Düften in eine Stadt, die überreichlich von städtischem Gestank erfüllt war.

Und der Handel pflegte seinen Anfang zu nehmen und zwar mit kostbaren Waren, Schätzen von überallher und von fremdländischen Orten, die der Mob vom Marktplatz noch nie gesehen hatte. Ihre Waren pflegten auf Schiffen herbeigebracht zu werden und wurden auf prachtvollen Strassen ausgestellt, und die Kaufleute pflegten ihre Waren auszurufen.

In dem kleinen Dorf nicht weit entfernt von der grossen Stadt, wurde einer. höchst angesehenen Familie ein kleiner Junge geboren. Die Mitglieder seiner Familie, obgleich diese nicht wohlhabend war, wurden als, fest eingesessene und als achtbar betrachtet, besassen sie doch immerhin, fünf Sklaven, die die Familie umsorgten. Doch im Gegensatz zu den sogenannten majestätischen Villen, besass ihr Haus lediglich eine einzige Säulenvorhalle, und einen unscheinbaren Brunnen gab es darin. und in der Mitte konnte man unter einem grossen, Zitrusbaum meditieren und das Herabtröpfeln des Wassers beobachten. Wenn es auch ein unscheinbarer Garten war, der Zitronenbaum lieferte die Düfte, die durch das Haus zu ziehen pflegten und die in der Schwüle des Sommers die Lustlosigkeit bei ...... allem, was in diesem Haushalt vor sich ging, in neuen Auftrieb wandelten.

Und der kleine Junge, der von seinem Hauslehrer in allen, Bildungsbereichen unterrichtet wurde, war in der Tat ein Träumer. Denn er träumt von fremdländischen Königen und von Tapferkeit. Und er träumt von Kaufleuten aus fremdländischen Gegenden und von Sprachen, die zwar in fremdländischen Tönen vor sich hinsprudelten, die aber dennoch voneinander zu unterscheiden waren. Und seine Phantasie pflegte ihn mit sich fortzutragen.

Und aufgrund des Einvernehmens pflegte der kleine Junge mit seinem sogenannten Hauslehrer und mit seinen, Eltern. in die grosse Stadt zu gehen. Und seine Augen pflegten aus Staunen über all die Wundervollheit dieses menschlichen Gewühles weit offen zu sein - und aus Staunen über die Tätigkeit weiser Männer, die ihre Lehren laut verkündeten. Über die Huren, die lächelnd in schattigen Türen standen. Über die Kaufleute, die ihre Waren ausriefen. Und der Geruch von Büchern, und schwarzgesichtige Schafe, und schnatternde Gänse. und Esel, und unglückliche Kamele. Bettler, die um Almosen bettelten. Elegante Frauen auf Sänften, die nie hinaus-schauten. Gelehrte, die mit Büchern gewichtigen Wissens unter ihren Armen umherliefen. Und ungewaschene Körper und auch geölte und parfümierte Körper... für den kleinen Jungen, der das betrachtete, was man als die Brillanz eines scharlachroten Baldachins bezeichnet, der sich über den Sklavenmärkten aufblähte - all diese Dinge regten seine Phantasie in grossem Masse an. Und er pflegte lange stehenzubleiben. um einem gewissen Gelehrten zuzuhören, der von einer ... einer Wesenheit namens Pomah erzählte.

Und jener, kleine Junge, sehnte sich danach, so auszusehen und so zu sein, wie jeder auf dem Marktplatz. Und als er wieder zu seinen Studien zurückkehrte, da fand er sich gewöhnlich dabei wieder, wie er im Garten unter dem Zitronenbaum sass und in seinen herrlichen Träumereien... auf jenen Schiffen mitfuhr, die von fernen Orten kommend in den Hafen einsegelten ... sich in Brokat und Goldgewänder kleidete... seinen Bart und seine Haare ölte und wie der Duft von Granatäpfeln und feinem Räucherwerk sein eigener Wohlgeruch sein würde.

Und der kleine Junge begann sich nach den Vergnügungen fremder Orte zu sehnen. Und wenn er seinen Hauslehrer darauf ansprach. pflegte dieser ihn zu necken und zu bestrafen und zu sagen: Es ist verderbt. das zu wünschen. Es ist edel ... es ist edel, liebstes Kind, sich mit der Herrlichkeit zufriedenzugeben, zu der man geboren worden ist. Dies schreckte den kleinen Jungen jedoch nicht ab.

Und der kleine Junge wuchs allmählich zu einem Manne heran und ging fort zu einer, Schule in einem fremden Lande. um das zu studieren, was man Rechtswesen nennt. Und auch dort war seine Phantasie weiterhin lebendig; und all die Dinge, von denen er sich wünschte, sie in der Welt haben zu können ... er träumte sie. Und nach und nach ging er zu den fremden Orten, überquerte die, grossen Meere, und sah herrliche Menschen. Andere Sprachen sprachen sie. Andere Götter verehrten sie, und ihre Philosophie war allemal recht ungewöhnlich und einzigartig. Und der kleine Junge. der ein Mann wurde, begann bald schon zu erkennen, dass alle seine Träume im Begriff waren, sich zu verwirklichen. Denn so hoch geachtet und edel war er und so hochgebildet im Rechtswesen war er, dass er gleichsam in der Tat zu einem Gesetzgeber und einem Gouverneur ernannt wurde in einem Lande, das weit von seiner unscheinbaren Herkunft entfernt lag.

Und dort trug er Stoffe aus Gold. Und ölte seine Haare mit Pomade und salbte seinen Bart mit Weihrauch und Myrrhe, und er trug feines Leinen unter seinen wundervollen Roben. Und nie geschah es, dass er. zu seinem Gouverneurssitz ging und nicht wegen seiner Erscheinung und seiner Eleganz von allen Vorübergehenden auf aufsehenerregende Weise bewundert worden wäre.

Und er träumte von mehr. denn bald schon hatte er all die Dinge, von denen er als kleiner Junge geträumt hatte. Und so kam auch das Bedürfnis nach Macht, denn was hat man nicht alles, wenn deine Geldschränke mit Edelsteinen und Gold überfliessen. Und die Rechtskanzlei hat dir gute Dienste geleistet, denn deine Klienten sind wohlhabend und aus der Oberschicht. Und bald schon war er all jenem begegnet. was in seiner Phantasie gelebt hatte, als er jünger war. Und er hatte alles... Eine prunkvolle Villa mit vielen wundervollen Gärten für die vielen verschiedenen Zeiten des Jahres. Viele schöne Sofas aus eingelegten Perlmutt, geschnitzt. Wände, die Gemälde von grandiosen Schlachten veranschaulichten. Und Fussböden aus Mosaiken, die wunderschöne, in die Sonne hineinreitende Pferde zeigten. Er hatte alles, und er wurde unzufrieden.

Und bald schon war in ihm das Verlangen nach Macht, mächtig zu sein, mittels seiner Rechtskenntnis den, Sitz der Macht innezuhaben. Und obgleich er nicht von, adliger Geburt ist, pflegte er davon zu träumen, die Leitung über jene Schiffe zu haben, die vor langer, langer Zeit in seinen Hafen einsegelten.

Und es bietet sich ihm, eine Gelegenheit, um die Hand eines, äusserst hässlichen Mädchens anzuhalten. Dickleibig. mit einer sehr langen und breiten Nase, braunen Zähnen und Haaren, die sich obendrein auch noch lichteten, doch sie hatte all die Höflichkeit und all das Gebaren einer Adelsfrau an sich. Und zudem würde die Linie, in die er einheiratete, ihm eine, angemessene Machtposition zusichern.

Und so heiratete er das hässliche Geschöpf. Und umgehend legte er sich eine Hetäre zu - wunderschön, auf gezierte Weise verführerisch, schlangenhaftes Begehren. Und auf diese Weise erfüllte er sich seinen, Traum von sexueller Erfüllung mit einem wunderschönen Geschöpf, das sicherlich die Brut eines grossen Gottes gewesen sein musste. Er und seine hässliche Frau wurden indessen bald schon in eine. wie es bezeichnet wird, hochgeschätzte Stellung katapultiert. gleich nach dem grossen König, denn ihr Vater war an der sogenannten Schwindsucht gestorben. Und hier nun war er die Stimme, das Wissen hinter dem Thron. Und schlau war er und listig. Denn mittels gewandter Worte, die stets verhalten und ohne den Ton von aufgebrachter Emotion gesagt wurden, begann er seine Macht im Hinblick auf seine eigenen grossen Phantasien zu manipulieren.

Und alsbald stürzte er aufgrund seiner Selbstsucht und seiner Irreführung seiner Macht den König in eine äusserst schwere und tödliche Schlacht. Und Krieg brach über das Land herein. Ernten fielen schlecht aus und der Weizen, der mit dem Schiff geliefert wurde, kam nur spärlich. Und obendrein murrten auf den Feldern die Soldaten, denn sie hatten weder, Drachmen, noch Nahrungsmittel für ihre Mägen. noch honiggesüssten Wein, um darin ihre langen Stunden und ihr dahinsiechendes Sterben auf den Feldern zu ertränken. Und es war eine äusserst abscheuliche Zeit. Was brachte indessen der Wind auf den Schlachtfeldern mit sich? Den Gestank von Blut und verätzten Wunden und von brandig gewordenem und verwesendem Fleisch. und von unsauberen Leibern, und Dung und Urin. Und das Wehklagen von denjenigen, die verwundet worden waren; von denjenigen. die im Sterben lagen und nach ihren Müttern und ihrer Liebsten schrien ... und die zu den Göttern beteten, dass sie einschreiten mögen. Und das Stöhnen der Edelleute, die wegen ihrer Abstammung... an stillen Orten weinten.

Nun .. es stand sehr schlecht und sehr jammervoll. Und dieser recht vornehme, mächtige Mann ritt auf das Feld, um sich die Sache anzusehen, denn sein Zorn war gross, da seine Armee geschlagen worden war. und was von ihnen übrig war, lag sterbend auf dem freien Feld. Und er war überwältigt von den Gerüchen des Todes. Und was ihm zynisch vorkam. war, ach ... dass in einer weit entfernten wundervollen Villa und einem vergoldeten und wunderschönen Palast dass da die Geräusche menschlichen Leidens so weit weg und unerfassbar waren, denn er konnte es nicht fühlen. da er nicht dort war. Er hatte sich in der Behaglichkeit seiner Wohnstätten aufgehalten mit reichlich Met und honiggesüsstem Wein und mit. gebratenem Wildschwein und Lauchsuppe, und sein Magen war ganz und gar zufrieden.

Doch wie er dies hier sieht.. Leiden ... abgerissene Gliedmassen, oder auch die Gerüche, die seinem Magen Übelkeit verursachten, und es würgte ihn oft ... da war er von der Alptraumhaftigkeit seines Traumes wie erdrückt. Und er weinte bittere Tränen, nicht darüber, dass seine Macht nun verloren sein würde oder dass seine Behaglichkeit ihm nun mit Sicherheit entrissen würden, sondern er weinte um seinen Traum. dessen Erfahrung er nicht gemacht hatte. Und dieser war hier, direkt vor ihm. überall um ihn herum. Und die Fliegen, die um sein Gesicht schwirrten, liessen ihn nicht in Ruhe. Und er warf sich auf den Boden und begann aus einem Schmerz heraus zu weinen, der tief aus der Seele kommt, der unverhüllt und ungestillt ist, denn dies hier war der Traum, den er nicht geträumt hatte. Und er rief alle Götter an, dass sie jenen hier wieder Linderung und Auftrieb geben mögen. Er hatte den Irrtum. der in seiner Torheit und in seiner Unerfahrenheit und in seinem Streben nach Macht lag, erkannt. Doch als er wieder aufschaute, war die Szene nach wie vor dieselbe.

Und so legte der Mann, der der Träumer war, seine Brokatgewänder ab, nahm die Lorbeerzweige von seinem gelockten und geölten Haar herunter, und zog ein Sackleinengewand aus grob gewebter Wolle über und salbte sich mit der Asche jener, die verbrannt worden waren, und fing an sich zu verströmen, um in diesem Traum, den er nicht geträumt hatte. zu helfen. Und er setzte sich unermüdlich ein, und er erfand die Aderpressen. Er sah zu, wie Gliedmassen Eingriffe erdulden mussten und abgetrennt wurden. Er roch den Tod überall, wo er war, und es war gewiss, dass Krankheit und Leiden über dem Land lag. Und er arbeitete bis er völlig erschöpft war. Und er bedurfte keines Brotes und trank nur. wie es bezeichnet wird, Wasser, das zuvor gekocht worden war. Denn er musste daran arbeiten, diesen Traum wieder in den Traum zu wandeln. den er nicht hinein in eine grandiosere Wirklichkeit geträumt hatte. Und wie viele Männer ... in wie viele Gesichter blickte er und sah, was er geträumt hatte und was er zu diesem Ort abscheulichster Schlächterei hat werden lassen. Wie könnte er das in seiner Seele rechtfertigen... alles wegen seiner Gier nach Macht ... und er weinte aus tiefstem Herzen.

Als das Blutbad beendet war, machte er sich auf den Weg zurück zu seiner Stadt in keineswegs triumphaler Weise, denn erzog sich nicht wieder seine Brokatgewänder an, und ölte sich auch nicht mehr länger die Haare, sondern trug mit sich den Gestank eines Alptraums. Und er kehrte zu seiner hässlichen Frau und seiner wundervollen Villa zurück und starrte auf seine Gemälde, seine Mosaike und auf sein mit Perlen eingelegtes Orangenholz und seine seidenen Sofas, und seine geschmiedeten Kupfergegenstände. Und die Welt war so unwirklich. Sie war wie eine Illusion. Und der Mann konnte dort nicht mehr länger Zufriedenheit finden. Und auch keine Zufriedenheit mehr in seiner Machtrolle, denn seine Macht war das Verderben all derer gewesen, denen er ins Gesicht blickte.

Eines Nachts ....... sass er in seinem Garten und roch die, wie es bezeichnet wird, von Jasmin erfüllte Nachluft, und schaute zur Zauberin (Mond) hinauf silbern, die über ihre für ihn wahrnehmbaren Wälle hinaus zu- und abnahm. Und er fühlte sich im Innern einsam und erbärmlich. Und da zog er wieder sein Sackleinenkleid und seine schmucklosen Gewänder an, nahm, ein einziges Paar Kniehosen und Stiefel mit, und wanderte hinaus auf die, wundervolle Strasse, die von seinem Dorf in seine grosse Stadt führte... und schaute nie zurück.

Und er erreichte gerade noch ein, stattliches Schiff. Es war ein Frachtschiff, das beladen war mit all jenen Düften, die ihm aus seiner Jugend in Erinnerung kamen. Und er hielt sich gleichsam in der Tat im Rumpf des Schiffes auf und stach in See, zurück zu jenem Hafen, an den er sich lang, lang aus der Zeit erinnerte, als er noch ein kleiner Junge war. Und als die Sonne gleichsam in der Tat über dem Horizont aufzugehen begann, ging er, wie es bezeichnet wird, an Deck zum Heck des Schiffes. Und ein sanfter Wind, voll der Frische und Reinheit des Morgens, brauste durch sein Haar. Und seine Augen fielen auf den Hafen und füllten sich mit Tränen, denn er kam nach Hause. Und es war das Gefühl einer Freude in ihm, wie er es noch nie zuvor erlebt hatte, nicht einmal in all seinen grossartigen Träumen und Phantasien. Und mit festem Griff packte er das Tau, das zu seinen Füssen lag. Und sobald das Schiff in seinen grossen Hafen eingelaufen war, gab er dem, Kapitän des Schiffes die restlichen Drachmen als Bezahlung für seine Überfahrt.

Und da ging er nun durch die Strassen, die überfüllt und hektisch waren. Und er ging weiter und bahnte sich seinen Weg durch all die Szenerien, an die er sich noch gut erinnern konnte, denn nur wenig hatte sich verändert. Und er ging zu den Toren am anderen Ende der Stadt. Und dort richtete er sich eine kleine Sitzstelle her, zusammen mit Bettlern und Krüppeln, die dort sassen und um Almosen bettelten. Von morgens bis abends sass er da. Und dann im Sommer, wenn alles trocken ist und es keine Stürme mehr gibt, wühlte der hin und hereilende Verkehr den ungeheuer ausgedörrten und trockenen Safranstaub auf. Und dieser pflegte sich zum Himmel hinaufzubewegen und die Illusion eines goldenen Windes entstehen zu lassen. Und er sass dort und gestattete es dem Safranstaub, dickschichtig wie er war, sich auf ihm niederzulassen, tagaus, tagein.

Alle, die durch jene grossen Tore hereinkamen, betrachtete er aufmerksam - fremdländische Gesichter, dunkel und hell, Augen wie das Meer, Augen wie die Nacht; Grosse, Kleine, Zerlumpte und Zerrissene, Reiche und Elegante ... alle von ihnen gab es. Und jeden schaute er äusserst wissbegierig an. Und von Kopf bis Fuss pflegte er Sachen an ihnen zu entdecken, die er nie getragen hatte. Und er schaute genau hin, und in seiner Träumerei pflegte er all dies innerlich zu umarmen und sah sich selbst feines Schuhwerk und Sandalen tragen. In Stoffen, die er nie getragen hatte, tanzte er in seiner Seele wie manch ein König aus einem fremden Lande. Und sie flogen weit von seinem Körper weg, und er hatte grosses Vergnügen daran. Umhänge, die mit Hermelin und Zobel eingesäumt waren. Und jene, wie man aus den Haaren von Füchsen, Wölfen, Löwen, und er trug sie alle, tagaus, tagein. Und jedwede Gestalt (die er sah,) wurde er und umarmte sie innerlich ... tagaus, tagein. Und es gab Momente, in denen die von Rang und Namen stehenblieben und ihm Almosen anboten, und er pflegte den Kopf verneinend zu schütteln, denn das war einst vor langer Zeit gewesen, dass er Almosen hatte. Und es gibt diejenigen, die ihm, wie man es bezeichnet, ein altbackenes Brot im Vorübergehen hinlegen, und er kaut an dem Brot und beobachtet sie beim Weggehen und beginnt, ihr Gang zu sein.

Tagaus, tagein trug er Stoffe aus Gold. Und auch jene Lumpen eines Bettlers trug er. Und seine Beine wurden verkrüppelt durch diejenigen, (die er wurde und) die nicht aufstehen konnten. Und sein Bart wuchs, ungepflegt und ungeschnitten, und da waren auch kleine Parasiten, die darin ein und aus krochen. Und auch sie umarmte er innerlich. Und jeden Tag schaute er aufmerksam einher und oft suchte er das ausfindig zu machen, was er nie besessen hatte und wurde zu dem, was er nie besessen hatte... dort draussen vor den Toren einer grossen Stadt.

Und dann kam einmal ein Morgen zu Beginn des Frühjahrs, als die Schiffe wieder einmal im Hafen lagen. Und die Fracht wurde ausgeladen, auf Karawanen und Esel und Karren geladen, und wurde stadtaus, stadtein gebracht. Er beobachtete den ganzen Tag lang und sah nicht ein Zierstück, nicht ein Gepäckstück, nicht einen Stoff, nicht ein Gesicht, nicht eine Farbe, nicht einen Duft, nicht einen zarten Klang nichts, was für ihn in seiner Seele von Verlockung gewesen war. Denn er besass alles davon. Alles!

Da war nun der Träumer zum König der Welt geworden! Er hatte unermesslichen Reichtum und Macht und Abenteuer gehabt, und war gelangweilt von dem, was er sah. Noch bevor die Sonne am Westtor unterging, nahm er also seinen, einfachen Strohsack, und seine Beine waren steif unter ihm, und er schwankte wie ein Krüppel. Und er fiel zu Boden und zerkratzte sich seine armseligen Knie und Hände, und sein Gesicht fiel in den Safranstaub, und seine Augen waren umwölkt, und er weinte. Und mit all seiner Kraft richtete er sich langsam auf und stand aufrecht, und begann fortzuwandern und die Tore der Welt zu verlassen.

Und er wanderte über eine Wiese, auf der Mohnblumen scharlachrot zu blühen anfingen, und auch der Lavendel, und kleine Blumen, die, ich schwöre euch, wie lebendiges Gold aussahen. Und wie er dahinwanderte, fing in seinem Gesicht das Licht zu strahlen an, und er fing zu lachen an, und Freude erklang in seinem Innern. Und jeder Schritt führte ihn näher und näher zu etwas, dessen Erfahrung er niemals gemacht hatte .... die Herrlichkeit dessen, alles zu haben mit leeren Händen.

Und er warf seine Hände zum Himmel empor und tanzte wie ein etwas geschwächter Elf. Und mit jeder Drehung seines Körpers wurde er lichterhellt. Mit jedem Tanz im Licht wurde er hell erleuchtet. Und mit jedem Augenblick und jedem Wirbeln... wurde die Wiese erleuchtet von dem Licht, das von ihm ausstrahlte, und jede Drehung (turn) steigerte seine Rückkehr (return). Und mit einemmal war da ein brillantes Licht, das über der Wiese schwebte. Ehrfurchtgebietend war es Und die Vögel, die in den, wie man es bezeichnet, Bäumen waren, und die ihre wundervollen Melodien gesungen hatten, waren in Schweigen gesunken. Und auf ihnen lag das Licht. Und es stieg sehr sanft empor und dehnte sich über der ganzen Wiese aus. Und die Blumen öffneten sich stürmisch seinem Farbschimmer und seiner Wärme und seinem Zauber. Und das Licht... in seiner Mitte leuchtete es in rosaner Farbe, und an der Übergangsstelle war es von goldener Farbe, und das Licht, das hervorstrahlte war von einem überirdischen Weiss. Und es begann hoch droben am Himmel, sich schnell wie ein Wirbel zu drehen und zu tanzen. Und wie es in seiner wirbelnden Drehung immer schneller zu werden beginnt, da beginnt es blasser und blasser zu werden. Und in einem Augenblick grandiosen Lachens war es verschwunden, für immer und immer und immer, denn er war zurückgekehrt in die Ewigkeit!

Wo ging der kleine Junge denn nun hin, fragt ihr! Er lebte einen Traum, der sich innerhalb eines Traumes befand ... eine Kultur, einen hohen Rang, eine Vorrangstellung. Und alles, wovon er in seiner Phantasie träumte, traf wirklich und wahrhaftig ein - mit der Ausnahme

- dass er nie von der anderen Seite all jener Möglichkeiten träumte und auch nie auf diese andere Seite ging. Doch erst daraufhin begegnete er der Realität dieser Welt ... und ihrer Illusionen. Nicht mehr länger. nicht mehr länger wollte er das Geschenk in die Hand, sondern das Geschenk des Geistes, und sass da und umarmte innerlich alles, was nur menschenmöglich war in einem unmenschlichen Umfeld. Und er besass alles davon. Alles! Er war sich sicher, dass es nichts mehr gab, was er nicht schon in seinen Träumen besitzen würde. Nun, es gab tatsächlich nichts mehr!

Was also geschieht, wenn einer alles hat, alles manifestiert und dann permanent dessen überdrüssig wird, was er manifestiert? Er geht zum nächsten Verstehen über. Er kann dasitzen und das Königreich der Welt besitzen, ohne sich zu bewegen. Er kann die höchst Illustren und auch die höchst Elenden werden, ohne sich zu bewegen. Und der kleine Junge, der den Traum träumte, erwachte aus seinem Schlaf. Und was war seine Bestimmung? In die Ewigkeit zu gehen, dorthin wo der Traum eine Wirklichkeit ist ... und wo man in jedem Moment, in dem lebt, das Kontinuum von allem ist, was existiert, und wo das Abenteuer sich wahrlich erfüllt (vollfüllt). Sein Drama war vollendet. Keine Spuren liess er zurück!

Nun, was ist der Traum? ...aufzuwachen, all das zu besitzen, was euer Traum beinhaltet, aber nichtsdestoweniger aufzuwachen und der Schöpfer von allem zu sein. Ist es falsch, die Königreiche der Welt zu wollen, Stoffe aus Gold zu tragen? Nein, es ist notwendig. Leidet der Bettler tatsächlich so im Übermass? Nein, es ist notwendig. Ist die Stadt schlecht mit ihren Ausschweifungen? Nein, es ist notwendig. Ist Macht etwas Böses? Nein, sie ist notwendig. Denn bevor ihr nicht alles besitzt, könnt ihr niemals zurück nach Hause gehen, zurück zu der Gesamtheit des Lebens, zu der Vollendetheit dieser Existenz in der ganzen Erhabenheit ihrer Weisheit.

Jetzt sagt ihr: Aber ach, er ging lachend über eine Wiese. Offenkundig schmutzig und zerlumpt und sehr schlecht riechend. Wie konnte er zu einem Licht werden und nach Hause gehen mit so wenigen Dingen? Nun ja, seht ihr, die Notwendigkeit von all diesen Dingen, die er innerlich umarmte und die er als Gefühl besass, wurde zu Weisheit!

Es war notwendig für ihn, der Träumer zu sein und alle seine Phantasien auszuleben, denn in jedem Augenblick, in dem er dies tat, war er eifrig am Wirken und entwickelte eine Seele, die reich beladen war mit Weisheit. Aahh, er besass alles und jedes! Wenn ihr mögt oder es wagt, dann stellt euch einmal vor, eine Seele zu haben, die ihr angefüllt habt mit der Tugend nobler Tugenden, der Tugend aller verwirklichten Notwendigkeiten. Wie, sagt ihr, würde sie aussehen? Wie würde sie aussehen? Sie wäre wie ein grosser Sack,

der bis zum Rand gefüllt ist mit Perlen, mit schillerndem, schimmerndem, hinreisendem Licht, das weit über dreidimensionale Begriffe hinausgeht, denn am Ausgangspunkt einer jeden Perle lag die Notwendigkeit, nämlich der Sand, der sie irritierte, damit sie zu einer Perle würde. Er ging nicht nach Hause als schlecht Riechender, er ging nach Hause reicher als irgendeiner von jenen, die er an den Toren jeder grossen Stadt innerlich umarmt hatte. Er war vollerfüllt.

Ist es nicht wirklich überaus komisch, so überaus komisch, dass ihr der reichste Mensch in der Welt sein könntet und dabei nur ein Lendentuch tragt und schmutzig seid. Ist es nicht überaus komisch, Meister, dass ihr die berühmte Wesenheit sein könntet, doch unbekannt. Und ist es nicht bereichernd, in dem vollständig (vollendet) zu sein, wer ihr seid, währenddessen niemand weiss, wer ihr seid. Denn darin liegt die Bestimmung, ihr Träumer!

Ihr kamt hierher wie jener kleine Junge, und ihr ringt mit euren Eifersüchten und euren Urteilen und eurem Hass und euren Bitterkeiten, euren Neidereien, und euren wahrhaft, wahrhaft ausgedachten Auffassungen hinsichtlich eurer Sexualität, hinsichtlich eurer gesellschaftlichen Prominentheit und eurer gesellschaftlichen Stellung, hinsichtlich eures ähm... pflichtgetreuen Erfüllens der Familienspielregel, hinsichtlich eurer nicht endenden Wünsche. Nun ... all das ist notwendig, denn bevor ihr nicht in der Lage seid, sie zu besitzen, könntet ihr nie dorthin gehen, wo ich hingehe. Bevor ihr sie nicht in eurer kleinen heissen Hand habt und wisst, wie es sich anfühlt, sie zu berühren, werdet ihr niemals erkennen, dass ihr es bereits besessen hattet, bevor ihr es berühren konntet

Und es wird einmal die Stunde kommen, dass alles, was ihr euch gewünscht habt, an die Oberfläche kommt, und dass alle eure Manifestationen, wie bei dem kleinen Jungen, ausgeträumt sind und ihr feststellt, dass sie euch nicht mehr länger erfüllen. Und ihr werdet genau wie der kleine Junge sein, der es fertigbrachte, sich um ganze Zeitalter fortzuentwickeln, indem er alles, was er sieht, innerlich umarmt, um es zu besitzen. Eines Tages. Doch ihr werdet nicht dahin gelangen, bevor ihr nicht jeden Geruch gerochen habt, den ihr riechen wolltet, und bevor ihr nicht jeden Stoff tragt, den ihr tragen wollt, und bevor nicht jede Anerkennung von jedem Menschen, der euch anerkennen soll, anerkannt worden ist, und bevor nicht jede Debatte über eure Sexualität ausdebattiert ist, und, selbstverständlich, bevor ihr nicht ausgerichteter Gedanke (focus) seit und jede machtvolle Entscheidung, die ihr machen wollt, gemacht werden kann

Nun... seht ihr tatsächlich lehrte niemand den keinen Jungen, der ein Mann wurde dass das, was er da machte, wahrlich genau das war, was dazu führte dass es sich ereignete. Er wusste nicht einmal, dass es genau um das ging, was er tat, ging, als er beobachtete, zuschaute, innerlich umarmte.

Erst als er die Tore der Erde verliess und auf die Wiese ging, da wusste er es und verwirklichte es.

 

Ramtha.

 

Bearbeitet, 14.2.98 Andreas Kleindienst

 

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